Uns wurde von Werner W. (wahrer Name der Redaktion bekannt) der folgende Leserbrief mit der Bitte um Veröffentlichung herangetragen. Dieser kommen wir hiermit gerne nach. Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich beim folgenden Text um die Meinung eines Einzelnen handelt und nicht um eine offizielle Stellungnahme unseres Verbandes.

Ich leistete vor einigen Jahren meinen sechsmonatigen Grundwehrdienst und nahm danach am Vorbereitungslehrgang für Unteroffiziersanwärter statt. Nach einem Monat brach ich diesen ab, da mich ein interessantes Jobangebot aus der Privatindustrie lockte. Damit hätte ich mit dem Thema Bundesheer abgeschlossen gehabt. Am Abrüstungstag wurde ich mit der Information überrascht, dass ich als sogenannter PiAD (Präsenzdiener im Ausbildungsdienst) für 30 Tage milizübungspflichtig geworden war. Als neuer Verband wurde mir das Jägerbataillon Niederösterreich – Kopal zugewiesen. Anfangs war ich über diese unfreiwillige Beorderung richtig sauer. Einige Monate danach wurde ich tatsächlich zu meiner ersten Milizübung bei den Kopaljägern einberufen. Mittlerweile naht meine vierte Übung und ich konnte mir zum Thema Miliz einen guten Überblick verschaffen. Für unschlüssige Kameraden möchte ich im Folgenden auf die Vor- und Nachteile eingehen, die eine Beorderung als Milizsoldat mit sich bringen.

Vorteile

  • Der größte persönliche Nutzen ist aus meiner Sicht die Abwechslung zur täglichen Berufstätigkeit. Auch wenn Erholungsurlaub zweifelsohne etwas noch Besseres ist, erlaubt eine kurze Wehrdienstzeit auch ein Loslassen vom gewöhnlichen Alltag. Einige Kameraden empfinden auch die kurzzeitige Trennung von ihren Lieben nicht unangenehm.
  • Oftmals wird die Kameradschaft, d. h. die Verbundenheit der Soldaten, hochgelobt. Für mich war eher das soziale Netzwerken lukrativ. Man trifft bei Milizübungen auf Menschen aus allen sozialen Ebenen. Dementsprechend breit sind die Gesprächsthemen. Auch Freundschaften haben sich auf diesem Wege schon gebildet.
  • Beim Militär bekommt man relativ rasch die Möglichkeit zu Führungsaufgaben. Bereits als Unteroffizier kommandiert man üblicherweise eine Gruppe mit einem guten halben Dutzend Soldaten. Die Ausbildungsstätten des Österreichischen Bundesheeres (von den Waffenschulen bis zur Landesverteidigungsakademie) bilden mit ihren Kurs- und Seminarangeboten die ressortangehörigen Führungskräfte weiter.
  • Nicht zu unterschätzen ist das Heer als zweites berufliches Standbein. Ich kenne einige Kameraden, die wegen der grassierenden Pandemie arbeitslos geworden wären. Hier war der Personalbedarf bei den heurigen Assistenzeinsätzen an der Staatsgrenze und vor schützenswerten Objekten in der Bundeshauptstadt ein willkommenes Auffangbecken für Betroffene. Weiters sei die Möglichkeit zu steuerbefreiten Verdiensten aus Auslandseinsätzen erwähnt.

Nachteile

  • Der größte Nachteil ist definitiv die offenbar mangelnde Wertschätzung des Milizsystems in unserer Gesellschaft. Nicht wenige von uns müssen vor Wehrdienstleistungen mit ihren zivilen Arbeitgebern über die notwendigen Abwesenheiten streiten. Manche lassen sich aus Angst vor Jobverlust nicht freistellen, sondern verbrauchen Zeitausgleich oder gar Urlaub. Meistens wird man schief angeschaut, wenn man sich als Angehöriger des Milizsystems outet. Mitglieder der Rettungsdienste und der freiwilligen Feuerwehren haben es da schon leichter.
  • Die dienstliche Inanspruchnahme während Wehrdiensttagen ist im Allgemeinen deutlich höher als in Zivilberufen. Bei täglichen Dienstzeiten von zwölf Stunden und mehr handelt es sich aus persönlicher Sicht um eine Belastung.

Es gibt sicher noch viele weitere Argumente für oder gegen das Melden zu Milizübungstagen. Ich hoffe trotzdem, dass meine sechs Punkte für den einen oder anderen Unschlüssigen hilfreich sind.

Gedanken eines Milizsoldaten
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